Atelier von Marianne Büttiker
Manuskriptseiten verwebt mit Baumwollfaden - Marianne Büttiker
Installation im Kunstmuseum Solothurn - Marianne Büttiker
Ornamente, Labyrinthe und Arabesken Über die Poesie des Tees - Marianne Büttiker
Ornamente, Labyrinthe und Arabesken Über die Poesie des Tees - Marianne Büttiker
Siebdruck - Marianne Büttiker
Grosser Entwurf und Grosser Plan - Marianne Büttiker
„Über die Poesie der Nischen“ - Marianne Büttiker
Atelieransicht - Marianne Büttiker
Marianne Büttiker während einer Ausstellung
Nairs Senda daua - Marianne Büttiker

Einblick: Peer To Peer
Gemeinsam mit Visarte Region Basel und dem Verein Out & About hat DOCK «Peer to Peer» ins Leben gerufen, um Künstler:innen, Studierenden und Kurator:innen die Möglichkeit zu geben, sich bei Ateliergesprächen zu den Bedingungen der Kunstproduktion⁠ auszutauschen und sich zu vernetzen.

Eines der Treffen fand mit der Künstlerin Marianne Büttiker statt. Hier gibt sie Einblicke in aktuelle Herausforderungen und Erwartungen an den weiteren Austausch.

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Mit welcher Herausforderung bist Du aktuell in Deinem künstlerischen Schaffen konfrontiert?

Mit meiner Werkserie von bestickten Teegefässen und Stickereien, einer Ode an den Augenblick, an die Sinne und die Sinnlichkeit, an den Dialog mit Tradition und Vision und an den Wert jedes alltäglichen Tuns und dessen Gegenstände.

«Die textilen Techniken habe ich auf meinem Weg der Kunst als Medium zur Anwendung und Umsetzung meiner inhaltlichen Themen, lange außer Acht gelassen.»

Ich frage mich oft, wie und wo in der heutigen Kunstwelt nach einer «Position» gefragt wird, diese, oft über Jahre, entstehende Werke ihren Raum, ihre Zeit und ihren Platz finden werden, da sie ohne konzeptuellen und intellektuellen Hintergrund entstehen. Ihre Struktur und ihre Bedeutung erst nach und nach, Stich um Stich, sichtbar und begreifbar ist.

Im Augenblick beschäftige ich mich mit einer Werkserie bestickter Gefässe und Manuskriptseiten und zudem mit dem Abfassen unzähliger Texte für Eingaben, Bewerbungen, Artikel und Saaltexte über meine Arbeit.

Was fehlt Dir in der Kunstwelt aktuell und was müsste sich verändern, dass dem nicht mehr so ist?

Ich habe auf meinem Weg in der Kunstwelt erst spät die Möglichkeiten von Bewerbungen um Ausstellungsteilnahmen, Gesuchen um Unterstützungsgelder und der Netzwerknotwendigkeit, der Gewandtheit mit Kuratorien, Stipendien, Projekt- und Werk- und Produktionsgeldern und Atelierresidenzen entdeckt.

Ich habe mich in erster Linie auf die Entwicklung der authentisch künstlerischen Sprache konzentriert. Ich staune immer wieder, wie sich der Beruf des Künstlersein, der für mich die größtmöglichste Freiheit bedeutet, das Leben so zu gestalten, dass es das künstlerische Schaffen inspiriert und möglich macht, sich verändert hat, zu einem Beruf, zu einer Position, die so viele Bedingungen zu erfüllen und zu bedienen hat, dass von Freiheit und Selbstbestimmung nicht mehr viel wahrnehmbar ist.

Nun bin ich nicht allein für die Erschaffung, die Entwicklung und Ausführung der Werke und deren Ausstellungen verantwortlich, sondern ich bin gleichzeitig Marketing und Managerin, Fotografin, und Grafikerin, Pressesprecherin und Moderation, Kunstvermittlerin und Workshopleiterin, Podiumsgesprächsteilnehmerin und Ausstellungshüterin, ich verfasse Gesuche und mache Fundraising, Budgets und Präsentationen, ich gestalte Dokumentationen und verfasse Pressetexte und Saaltexte und Einladungstexte und Newsletter. Ich betreue die Website und das Socialmedia_netzwerk, ich bin Buchhalterin und Sekretärin, ich streiche Brötchen für das Büfett und halte die Vernissagerede und die Finissagerede und ich mache Geldverdienjops, damit ich mir all diese Arbeiten, die eigentlich nicht wirklich mein Beruf sind, leisten kann und da bleibt nicht mehr viel Zeit für die Kunst. Besonders wenn ich über die Texte, die meine Arbeit beschreiben, brüte.

Wäre es möglich, dass wieder das direkte, das persönliche, das individuelle Begegnen mit physischen Werken möglich wird?

Ich staune immer wieder, wie sich der Beruf Künstlersein, der für mich die größtmögliche Freiheit bedeutet, sich verändert hat, zu einem Beruf, zu einer Position, die so viele Bedingungen zu erfüllen und zu bedienen hat.

Ich wünsche mir, dass Künstlersein nicht eine Dokumentation und eine Präsentation und eine Position sein muss.

Was erhoffst Du Dir von den nächsten Monaten im Rahmen von Peer to Peer und den Atelierbesuchen?

Ich wünsche mir, dass dieser wertvolle Austausch und die Atelierbesuche weitergehen, um zu erfahren, wie sich die Fragen entwickeln und ob Lösungen zusammengefunden werden können.

Zum Beispiel könnte ich mir vorstellen, eine Art Büro-Anlaufstelle zusammen einzurichten, für das Abfassen von Texten und Artikel, für Presse und Kunst und Markt, damit diese nicht selbst geschrieben werden müssen und ein Austausch auch darüber möglich wäre.

Marianne Büttiker, *in Olten. Nach der Ausbildung an der Schule für Gestaltung in Basel, viele Jahren als selbstständige Textildesignerin und Kunstvermittlerin tätig, lebt und arbeitet die bildende Künstlerin und Schriftstellerin in Basel und «wo die Kunst mich hinzieht». Die Projekte, Archiv der Klänge – Orte und ihre Farben, 2007–2017, Senda d’aua, die Mineralquellen im Engadiner Fenster, eine Forschungsarbeit über die 25 Mineralheilquellen im Unterengadin, 2017–2023, Erinnerung und Gedächtnis – Quellen und Essenzen, 2020, Über die Poesie des Staubes und Über die Poesie der Nischen, 2021/22, sind wachsende Sammlungen aus Zeichnungen, Bildern, Fotografien, Stickereien, Kartografien und Texten, und sind die Ausgangslage für Ausstellungen, Installationen und Publikationen.